Sehr geehrte Damen und Herren,
am 11. April 1945, vor 75 Jahren, wurde das Konzentrationslager Mittelbau-Dora von amerikanischen Streitkräften befreit. Die grauenvollen Bilder, die amerikanische Kriegsreporter in den Folgetagen einfingen, gingen um die Welt. Sie gehören heute zu den bekanntesten Dokumentationen der schrecklichen Verbrechen der Nationalsozialisten.
Mehr als 60.000 Menschen aus fast allen Ländern Europas mussten im KZ Mittelbau-Dora Zwangsarbeit leisten. Jeder Dritte starb, weil ihm die Kraft zum Leben geraubt wurde. An wenigen anderen Orten in Deutschland wird der Schrecken der Häftlingsarbeit so greifbar wie im KZ Mittelbau-Dora. Der 75. Jahrestag der Befreiung mahnt uns in besonderer Weise, die unmenschlichen Verbrechen und den Terror der Nationalsozialisten niemals zu vergessen. Die Erinnerung an diese Gräueltaten erfüllen uns mit Scham und tiefempfundener Trauer.
Es ist an uns und den kommenden Generationen, an die Toten und den großen Schmerz der Überlebenden zu erinnern. Denn das Schicksal jedes einzelnen Häftlings zeigt, welche erschütternden Folgen der Verlust demokratischer Werte und Prinzipien sowie die Radikalisierung einer Gesellschaft haben kann. Umso erschreckender ist es, dass wir uns in Deutschland mit wachsendem Antisemitismus und Rechtsextremismus konfrontiert sehen.
Die Geschichte lehrt uns, dass jede freie Gesellschaft, in die Menschenfeindlichkeit, Ausgrenzung und rassistische Gewalt Eingang finden, in höchstem Maße bedroht ist. Deshalb ist es die Aufgabe aller Demokratinnen und Demokraten, sich zu jeder Zeit klar gegen Demokratie- und Menschenfeindlichkeit zu positionieren.
Freiheit, Demokratie und Rechtstaatlichkeit sind nicht selbstverständlich. Sie müssen Tag für Tag verteidigt werden.
Ich danke allen engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora. Mit Ihrer Arbeit halten sie Erinnerungen wach und machen längst verstummte Stimmen hörbar. Es ist von unschätzbarem Wert für unsere Demokratie, dass das Wissen um die menschenverachtenden Verbrechen der Nationalsozialisten weitergegeben wird und auch künftige Generationen die notwendigen Lehren aus dem dunkelsten Kapitel unserer Geschichte ziehen.
Ihre
Birgit Keller
Präsidentin des Thüringer Landtags